Kuratorisches Statement

WIENWOCHE 2024

Festival WIENWOCHE begrüßt solidarischen Beistand für die Betroffenen der Wetterkatastrophe und dankt allen Helfer*innen

Am vergangenen Freitag hat die dreizehnte Auflage des Kunst- und Kulturfestivals WIENWOCHE begonnen. Bis 22. September präsentiert es künstlerische und aktivistische Beispiele für solidarische Zusammenschlüsse nicht-privilegierter Menschen.

Als Festival, das sich gelebte Solidarität auf die Fahnen heftet, bedankt sich WIENWOCHE ausdrücklich bei allen, die in Hilfsorganisationen oder in nachbarschaftlicher Zusammenarbeit dazu beigetragen haben, die Auswirkungen von Hochwasser und Sturm so gering wie möglich zu halten. Zugleich begrüßt WIENWOCHE die aktuellen Sicherheitsvorkehrungen in Wien und die damit verbunden Einschränkungen der Mobilität. Auch wenn damit die eine oder andere Verschiebung bzw. Absage von Festivalveranstaltungen einhergehen.

"Wir bitten unser Publikum eindringlich, nur auf sicheren Wegen zu den WIENWOCHE-Events zu kommen und auf wetterfeste Kleidung zu achten. Weiters ersuchen wir, den Einsatz der Hilfsorganisationen nicht zu behindern, sondern durch tatkräftige Mithilfe und Spenden zu unterstützen", so Jelena Micić, Nataša Mackuljak und Araba Evelyn Johnston-Arthur für das Leitungsteam von WIENWOCHE.

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Diese Worte fallen zu einem Zeitpunkt, an dem der Ausgang der österreichischen Parlamentswahlen mit Angst und Sorge erwartet wird. Die (un)vorhersehbare Zukunft ist in Anbetracht der lautstarken Abwesenheit von politischer Beteiligung nicht überraschend. Die systemische Ausgrenzung hält an. Sie überschattet die gesellschaftlichen Beiträge von Illegalisierten und marginalisierten (Nicht-)Staatsangehörigen, die dennoch gezwungen sind, das System aufrechtzuerhalten. Während die (Nicht-)Bürger*innen Verpflichtungen erfüllen, ist sich die Politik auf bemerkenswerte Weise einig – nationales Wohlergehen steht über (mehr-als-) menschlichen Rechten. Bedingte Teilhabe wird nur als Verzicht auf Differenz autorisiert und dient zur Schein-Rechtfertigung für die Durchsetzung westlich-eurozentristischer Gesellschaftshierarchien. Die einen stützen die Anderen, während die Anderen den Klassenfrieden und den rassifizierten Kapitalismus bewahren. Angesichts solch beunruhigender Realitäten: Wie bewegen wir uns weiter? 

Entgegen der tief verwurzelten Logik des „teile und herrsche" untergräbt der Kampf um die volle Beteiligung aller Mitglieder der Gesellschaft nicht hart erkämpfte Bürger*innenrechte. Der Wahlstift hat Gewicht, das Gewicht kollektiver Macht. Die Entscheidung, sich der Ausübung von Bürger*innenrechten zu enthalten, unterscheidet sich wesentlich davon, von vornherein von einer solchen Entscheidung ausgeschlossen zu sein. Es kann nicht zufriedenstellend sein, in einer Welt von Nationalstaaten Bürger*innenrechte zu erwerben, ohne die repressiven normalisierten Strukturen, die ihren Alltag bestimmen, anzufechten.

Dieses Festival wird aus den Mitteln aller Mitglieder der Gesellschaft finanziert und gehört daher allen Mitgliedern der Gesellschaft. Was uns zum Gehorsam zwingt, liefert auch Werkzeuge für dessen Abbau. Die diesjährigen Projekte markieren Risse im System, um politische Vorstellungen zu (re)aktivieren. Sie feiern die Vereinigung der Un(ter)repräsentierten im Kampf um die Aneignung und Ausübung ihrer Rechte.

Während We wish you a safe ride sich ableistische Firmenslogans aneignet und eine subversive Interpretation der Standardvertragsklausel für Freiberufler*innen vorschlägt, nutzt Wir sprechen für uns selbst! formal akzeptierte Kommunikationskanäle mit Inhaftierten, um durch Kunstmachen Prozesse der Resozialisierung in Gang zu setzen.

Die invasiven Strategien der Europäischen Union zur Sicherung des Wohlstands ihrer Bürger*innen werden durch einen radikalen Austausch innerhalb der ANTI-EXTRACTION PEOPLE'S SCHOOL in Frage gestellt. Schamloser Widerstand und nonkonforme Befreiung zählen zu den künstlerischen Strategien von BUNX und Güllüminaj: poetische Formen des aktiven Gedenkens wie etwa in Fields of Resistance zeugen von unverzeihlicher Widerstandsfähigkeit und befreiender Beharrlichkeit. Wenn „Leitkultur" zu Kürzungen der Grundfinanzierung führt, droht Migrant*innenkulturen weiterhin die Auslöschung durch wohlwollende Assimilation. Deswegen ist es notwendig, sich gemeinsam mit maiz stark zu machen und zu sagen: Die Welt braucht uns!

WIENWOCHE kann den politischen Willen nicht ändern, aber es kann unbeachtete Handlungsräume aufgreifen. Das Unbeachtete und Verstreute dringt in die Kulturpolitik ein und trägt zu neuen Visionen über die Zukunft von Menschen- und Naturrechten bei. Die Würde ist nicht verhandelbar! Transformative Gerechtigkeit ist die einzige rechtmäßige Verteilung egalitärer Prinzipien in der Koalition von (inter)planetarischen staatenlosen und global klassenlosen Lebewesen.

Credits

Araba Evelyn Johnston-Arthur and Jelena Micić

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